Reise durch England und Schottland

1819 gerät das Handelshaus, bei dem Johanna Schopenhauer ihr ganzes Geld angelegt hat, in Zahlungsschwierigkeiten. Beim anschließenden Vergleich verliert sie 70% ihres Vermögens. Ihr Sohn Arthur (der Philosoph), der sich vorher den Anteil am väterlichen Erbe auszahlen ließ, verweigert die Unterstützung. Sie muss sich jetzt selbst um ihre Einkünfte sorgen. Lange Reisen wie die nach England sind ihr nicht mehr möglich. Ihre Schriftstellerei wird zu einer wichtigen Einkommensquelle. Sie veröffentlicht Reiseerzählungen, Romane und Novellen.

By : Johanna Schopenhauer (1766 - 1838)

00 - Vorlaeufige Bemerkungen ueber England



01 - Woburn-Abbey



02 - Stowe's Garden



03 - Blenheim



04 - Birmingham und Soho



05 - Burton und Derby



06 - Badeorte



07 - Matlock



08 - Chatsworth



09 - Castleton



10 - Die Peaks Hoehle



11 - Buxton



12 - Manchester



13 - Leeds



14 - Studley Park. Fountain's Abbey. Hackfall



15 - Englische Gasthoefe



16 - Richmond



17 - Aukland, Durham, Sunderland und Newcastle



18 - Alnwick Castle und Berwick



19 - Schottland



20 - Edinburgh



21 - Pferderennen



22 - Carron, Stirling



23 - Perth



24 - Kenmore



25 - Killin



26 - Dalmally



27 - Inverary



28 - Arrochar



29 - Loch Lomond



30 - Glasgow



31 - Die Faelle des Stromes Clyde



32 - England - Die Lakes



33 - Lancaster



34 - Liverpool



35 - Wentworth House und Rotherham



36 - Nottingham



37 - Tewkesbury und Cheltenham



38 - Bristol



39 - Hotwells



40 - Bath



41 - Salisbury und Stonehenge



42 - Brighton



43 - Rueckkunft nach London



44 - London



45 - Ein Gang durch die Strassen in London



46 - Bettler



47 - Wohnungen in London



48 - Lebensweise



49 - Ein Tag in London



50 - Sonntag



51 - Oeffentliche Vergnuegungen - Theater



52 - Das englische Publikum im Theater



53 - Einrichtungen der beiden gr. Londoner Theater



54 - Drury Lane



55 - Covent Garden



56 - Die italienische Grosse Oper



57 - Vauxhall



58 - Konzerte



59 - Palast von St. James. Kensington Gardens



60 - Des Koenigs Geburtstag



61 - Pension fuer Maedchen



62 - Pension fuer Knaben



63 - Das Britische Museum



64 - Herrn Whitbreads Brauerei



65 - Greenwich



66 - Die St. Paulskirche



67 - Der Tower



68 - Der Palast von Westminster



69 - Die Westminster Abtei



70 - Londons Umgebungen: Windsor



71 - Die Gaerten von Kew



72 - Richmond Hill



73 - Staines. Slough. Oatlands



74 - Westindische Docks. Knole


Es ist eigentlich recht erfreulich, in diesem Lande zu reisen. Die schönsten Landschaftsgemälden ähnlichen Parks, die Gärten, die zweckmäßige Einrichtung der Häuser, der raffinierte Luxus, die Nettigkeit der Ordnung überall, die selbst in dem unbedeutendsten Hausgeräte sich zeigende Eleganz und Bequemlichkeit, machen Einen frohen Eindruck auf den Besuchenden. Man wünscht sich alle diese Dinge nicht, weil man ihrer nicht gewohnt ist, oft nicht einmal ihren Gebrauch kennt; aber man bekommt ein Gefühl von heiterem Lebensgenusse. Nur den Wunsch, sich der Kunstwerke recht zu erfreuen, sie zu studieren, vielleicht etwas zu kopieren, muß man nicht aufkommen lassen; denn seine Erfüllung ist in diesem Lande mit so vielen Schwierigkeiten umgeben, dass sie fast undenkbar wird.

Von den Schönheiten des Landes und der Wege, von den bequemen Gasthöfen, die man auch in den abgelegensten Gegenden findet und in welchen man nur einen wohlgefüllten Beutel braucht, um gleich so gut und vielleicht besser als zu Hause zu sein, von der trefflichen Einrichtung des Postwesens ist überall viel gesagt und geschrieben, und dennoch nicht zu viel, um dieses in seiner Art vollkommenste Ganze gehörig zu loben.

Für jetzt wollen wir uns aber darauf beschränken, eine allgemeine Idee eines englischen großen Landhauses mit seinen Umgebungen aufzustellen und alsdann versuchen zu beschreiben, was wir auf einer Reise von London durch das nördliche England nach Schottland zu sehen Gelegenheit hatten.

Ein englischer Park ist von dem, was man sich in Deutschland unter diesem Namen denkt, merklich verschieden. Er umfasst die das Wohnhaus oder Schloß zunächst umgebenden, eigentlich zu demselben gehörigen Ländereien und ist gewöhnlich von ziemlichen Umfange. Äcker und Wiesen, mit lebendigen Hecken zierlich eingefasst, durchschnitten von wohlgehaltenen Kieswegen zum Gehen und Fahren, liegen in seinem Bezirk, sowie auch einzelne Wirtschaftsgebäude von gefälliger, aber doch ihre Bestimmung andeutender Form. Überall hat man nach malerischen Effekten gestrebt, und die sanften Anhöhen und Vertiefungen dieses Landes erleichtern dieses Streben; aber immer ist das Nützliche mit dem Schönen vereint.

Der höchste Schmuck dieses Parks sind die üppige Vegetation der wohlbestellten Äcker, die unvergleichlich schönen grünen Wiesen und die prächtigen Bäume, größtenteils Eichen und Buchen, welche überall in Gruppen verteilt stehen. In England haben die Bäume das Eigne, daß sie mehr als in anderen Ländern gleich von der Wurzel an ausschlagen und kleinere Zweige treiben. Enge, durch dichte Schatten und Gebüsche sich hinschlängelnde Gänge findet man in keinem Parke; auch Gehölze sind, wie überall in England, selten. Man könnte sagen, es fehle Schatten, wenn nicht gerade in diesem Lande, wo bei sehr milder Luft dennoch die Sonne selten recht heiß und hell scheint, der Schatten entbehrlicher wäre als anderswo. Die Kioske, Tempel, Einsiedeleien unserer Parks fehlen dort ebenfalls; alle diese zur Zierde dienenden Gebäude sind in die vom Park ganz verschiedenen, das Haus näher umgebenden Anlagen, in die sogenannten Pleasure-Grounds verwiesen. Nur in sehr großen Parks, wie die von Blenheim oder Stowe, steht hier und da ein Obelisk, eine Pyramide oder ein Turm, um vom Schloß aus eine Ansicht zu gewähren...

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