1819 gerät das Handelshaus, bei dem Johanna Schopenhauer ihr ganzes Geld angelegt hat, in Zahlungsschwierigkeiten. Beim anschließenden Vergleich verliert sie 70% ihres Vermögens. Ihr Sohn Arthur (der Philosoph), der sich vorher den Anteil am väterlichen Erbe auszahlen ließ, verweigert die Unterstützung. Sie muss sich jetzt selbst um ihre Einkünfte sorgen. Lange Reisen wie die nach England sind ihr nicht mehr möglich. Ihre Schriftstellerei wird zu einer wichtigen Einkommensquelle. Sie veröffentlicht Reiseerzählungen, Romane und Novellen.
By : Johanna Schopenhauer (1766 - 1838)
By : Johanna Schopenhauer (1766 - 1838)
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Es ist eigentlich recht erfreulich, in diesem Lande zu reisen. Die schönsten Landschaftsgemälden ähnlichen Parks, die Gärten, die zweckmäßige Einrichtung der Häuser, der raffinierte Luxus, die Nettigkeit der Ordnung überall, die selbst in dem unbedeutendsten Hausgeräte sich zeigende Eleganz und Bequemlichkeit, machen Einen frohen Eindruck auf den Besuchenden. Man wünscht sich alle diese Dinge nicht, weil man ihrer nicht gewohnt ist, oft nicht einmal ihren Gebrauch kennt; aber man bekommt ein Gefühl von heiterem Lebensgenusse. Nur den Wunsch, sich der Kunstwerke recht zu erfreuen, sie zu studieren, vielleicht etwas zu kopieren, muß man nicht aufkommen lassen; denn seine Erfüllung ist in diesem Lande mit so vielen Schwierigkeiten umgeben, dass sie fast undenkbar wird.
Von den Schönheiten des Landes und der Wege, von den bequemen Gasthöfen, die man auch in den abgelegensten Gegenden findet und in welchen man nur einen wohlgefüllten Beutel braucht, um gleich so gut und vielleicht besser als zu Hause zu sein, von der trefflichen Einrichtung des Postwesens ist überall viel gesagt und geschrieben, und dennoch nicht zu viel, um dieses in seiner Art vollkommenste Ganze gehörig zu loben.
Für jetzt wollen wir uns aber darauf beschränken, eine allgemeine Idee eines englischen großen Landhauses mit seinen Umgebungen aufzustellen und alsdann versuchen zu beschreiben, was wir auf einer Reise von London durch das nördliche England nach Schottland zu sehen Gelegenheit hatten.
Ein englischer Park ist von dem, was man sich in Deutschland unter diesem Namen denkt, merklich verschieden. Er umfasst die das Wohnhaus oder Schloß zunächst umgebenden, eigentlich zu demselben gehörigen Ländereien und ist gewöhnlich von ziemlichen Umfange. Äcker und Wiesen, mit lebendigen Hecken zierlich eingefasst, durchschnitten von wohlgehaltenen Kieswegen zum Gehen und Fahren, liegen in seinem Bezirk, sowie auch einzelne Wirtschaftsgebäude von gefälliger, aber doch ihre Bestimmung andeutender Form. Überall hat man nach malerischen Effekten gestrebt, und die sanften Anhöhen und Vertiefungen dieses Landes erleichtern dieses Streben; aber immer ist das Nützliche mit dem Schönen vereint.
Der höchste Schmuck dieses Parks sind die üppige Vegetation der wohlbestellten Äcker, die unvergleichlich schönen grünen Wiesen und die prächtigen Bäume, größtenteils Eichen und Buchen, welche überall in Gruppen verteilt stehen. In England haben die Bäume das Eigne, daß sie mehr als in anderen Ländern gleich von der Wurzel an ausschlagen und kleinere Zweige treiben. Enge, durch dichte Schatten und Gebüsche sich hinschlängelnde Gänge findet man in keinem Parke; auch Gehölze sind, wie überall in England, selten. Man könnte sagen, es fehle Schatten, wenn nicht gerade in diesem Lande, wo bei sehr milder Luft dennoch die Sonne selten recht heiß und hell scheint, der Schatten entbehrlicher wäre als anderswo. Die Kioske, Tempel, Einsiedeleien unserer Parks fehlen dort ebenfalls; alle diese zur Zierde dienenden Gebäude sind in die vom Park ganz verschiedenen, das Haus näher umgebenden Anlagen, in die sogenannten Pleasure-Grounds verwiesen. Nur in sehr großen Parks, wie die von Blenheim oder Stowe, steht hier und da ein Obelisk, eine Pyramide oder ein Turm, um vom Schloß aus eine Ansicht zu gewähren...
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