Ein Landarzt Kleine Erzählungen

Die Erzählung Ein Landarzt von Franz Kafka entstand im Jahr 1917 und wurde 1918 veröffentlicht. Im Jahre 1919 erschien das Buch Ein Landarzt mit der Erzählung gleichen Titels und dreizehn weiteren Prosatexten. Kafka selbst bezeichnete "Ein Landarzt" (die einzelne Erzählung, nicht die Sammlung) als eine der wenigen wirklich gelungenen Erzählungen von ihm. Zweifellos zeichnet sich diese Geschichte auch tatsächlich durch meisterliches dichterisches Können aus. Doch angesichts der zahlreichen anderen hervorragenden Erzählungen offenbart Kafkas Einschätzung von "Ein Landarzt" seinen hohen Anspruch an sich selbst, der im übrigen als Argument für die Ernsthaftigkeit der Anweisung Kafkas an Max Brod angeführt werden kann, wonach Brod nach Kafkas Tod den Großteil des Gesamtwerkes vernichten sollte.

Ein älterer Landarzt wird nachts zu einem Schwerkranken gerufen. Während sich das Dienstmädchen Rosa im Dorf um ein Leihpferd bemüht, da das eigene Pferd im „eisigen Winter“ verendet ist, steht er im Schneetreiben in seinem Hof herum. Als Rosa ohne Pferd zurückkommt, tritt der ratlose Arzt gegen die Tür eines vermeintlich leerstehenden Schweinestalls seines Anwesens. Zu seiner Überraschung findet er dort zwei kräftige Pferde und einen unbekannten Mann vor, der wenig später urplötzlich über Rosa herfällt. Vom Arzt nur halbherzig zurechtgewiesen, spannt der Unbekannte bereitwillig die Tiere an den Wagen. Der Arzt steigt ein, und schon rast der Wagen davon, wobei der Arzt noch hört, wie die Haustür, hinter der sich die unglückliche Rosa eingeschlossen hat, unter dem Ansturm des Mannes zersplittert. In kürzester Zeit und selbständig legen die Pferde den weiten Weg zurück und bringen den Arzt zu einem Hof, wo er zu einem bettlägerigen Jungen geführt wird. Erst nach mehrmaliger Aufforderung durch die Eltern und die Schwester findet der unentschlossene, auch an das Schicksal von Rosa denkende Arzt die Krankheit des Jungen, eine „handtellergroße“ rosafarbene Wunde in dessen Seite, mit fingerdicken Würmern. Der Arzt weiß sofort, dass er dem Jungen nicht helfen kann.

Inzwischen sind Menschen aus dem Dorf eingetroffen, die den Arzt, der alles mit sich geschehen lässt, nach einem alten Brauch entkleiden und in das Bett des Kranken legen. Währenddessen singt ein Schulchor drohend vor dem Haus: „Und heilt er nicht, so tötet ihn!“. Dann lässt man die beiden allein, und nur die rätselhaften Pferde, die ihre Köpfe durch die offenen Fenster ins Zimmer strecken, sind Zeuge der Unterhaltung zwischen dem Arzt und seinem Patienten, die mit der Einschätzung des auf seine Berufserfahrung pochenden Arztes endet, dass „die Wunde nicht so übel ist“. Dann hat der Arzt seine Rettung im Sinn. In der Annahme, dass die Rückfahrt ähnlich schnell ablaufen werde wie die Hinfahrt, schwingt er sich unbekleidet auf eines der beiden Pferde. Doch jetzt ziehen die unkontrollierbaren Tiere „langsam wie alte Männer“ durch den Frost. Die Erzählung endet mit teils anklagenden, teils resignierenden Gedanken des gescheiterten und an „unirdische“ Pferde ausgelieferten Arztes über die eigene Lage („niemals komme ich so nach Hause“) und über die Situation Rosas, das von ihm „jahrelang kaum beachtete schöne Mädchen“. Sein Schlusssatz resümiert: „Einmal dem Fehlläuten der Nachtglocke gefolgt – es ist niemals gutzumachen“.

By : Franz Kafka (1883 - 1924)

01 - Der neue Advokat



02 - Ein Landarzt



03 - Auf der Galerie



04 - Ein Altes Blatt



05 - Vor dem Gesetz



06 - Schakale und Araber



07 - Ein Besuch im Bergwerk



08 - Das naechste Dorf



09 - Eine kaiserliche Botschaft



10 - Die Sorge des Hausvaters



11 - Elf Soehne



12 - Ein Brudermord



13 - Ein Traum



14 - Ein Bericht fuer eine Akademie

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